Stellungnahme der Kirchengewerkschaft
Bundesverfassungsgericht weist Verfassungsbeschwerde von Ver.di als unzulässig zurück
Die vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Ver.di) ist vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe mit ihrer Beschwerde gegen ein Urteil des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) (Urt. v. 20.11.2012, Az. 1 AZR 179/11) gescheitert.
Ein Verbund kirchlicher Einrichtungen klagte dabei gegen einen Streikaufruf durch Ver.di. Der Gewerkschaft wurde Recht gegeben.
Im Versuch einen Ausgleich zwischen beiden Parteien zu finden, legte das BAG in seinem Urteil drei Bedingungen für die Aushandlung von Arbeitsbedingungen fest. Zum einen müssen kirchliche Unternehmen akzeptieren, was in paritätisch besetzten Kommissionen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern ausgehandelt wird. Das Verhandlungsergebnis muss für die Dienstgeberseite also als Mindestarbeitsbedingung verbindlich sein Sollten die Verhandlungen scheitern, so die zweite Bedingung, muss der Vorsitzende der Schiedskommission unabhängig sein. Als dritte Bedingung wurde festgelegt, dass Gewerkschaften in allen
Gremien der Verhandlungen vertreten sein müssen. Bei Nichteinhaltung einer dieser drei Bedingungen ist ein Streikaufruf durch die Gewerkschaft rechtlich legitim.
Mit diesem Urteil gehen sowohl für Gewerkschaft als auch für Arbeitgeber Kirche unerfreuliches einher. Während die Kirche von nun an die Gewerkschaften an den Tisch der Verhandlungen holen muss und das gelobte, grundsätzliche Streikverbot in kirchlichen Einrichtungen aufgehoben wurde, bekräftigt das Urteil gleichzeitig den sogenannten „3. Weg" als Form der Aushandlung von Arbeitsbedingungen, welchen die Gewerkschaften ablehnen und statt dessen einheitliche Tarife, ausgehandelt durch Gewerkschaft und Arbeitgeber, fordern.
Ver.di legte nun Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe ein, da der Tenor des Urteils des BAG der Gewerkschaft zwar Recht gab, die Urteilsgründe die Verhandlungsposition der Gewerkschaft in Verhandlungen jedoch nur marginal stärkten und das Selbstbestimmungsrecht der Kirche bekräftigten.
Das Bundesverfassungsgericht erklärte die Beschwerde Ver.di´s nun für unzulässig, da der Tenor des Urteils des BAG der Gewerkschaft Recht gab und sich aus den Urteilsgründen keine akute Beschwer ergibt. ( Urt. V. 15.07.2015- 2 BvR 2292/13).Damit wies das oberste deutsche Gericht den Fall von sich ohne sich inhaltlich
positionieren zu müssen. „Somit dürfte nicht die letzte Runde in der Grundsatzdiskussion der beiden sich reibenden, im Grundgesetz verankerten Rechte der Koalitionsfreiheit auf Seite der Gewerkschaft und des
Selbstbestimmungsrecht der Kirche auf der anderen, eingeläutet worden sein" meint Günter Dolezich, Bundesvorstand der Kirchengewerkschaft. Da beide rechtlich nahezu unumstößlich sind,werden Gerichte weiterhin versuchen Wege zu bahnen, die beide Seiten möglichst beschwichtigen.
„Auch wir als Kirchengewerkschaft sind mit dem Ergebnis nicht zufrieden. Als Gewerkschaft muss und wird weiterhin für einheitliche Tarifverträge gekämpft werden", so Dolezich. Nichtsdestotrotz muss der Preis des Engagements hinterfragt werden: Sollte der 3. Weg auch in Zukunft kategorisch abgelehnt werden, oder
doch, die sich nun ergebene, einzige Möglichkeit der Partizipation an Verhandlungen genutzt werden? Im Übrigen wird abzuwarten sein, wie die Vorgaben des BAG umgesetzt werden. Fest steht allemal: Die Kirchengewerkschaft kämpft für flächendeckende Tarifverträge.
Für den Bundesvorstand:
Hubert Baalmann
Gewerkschaftssekretär / Dipl. Jurist