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Die Reporterin Gita Datta vom NDR hat im Rahmen der ARD-Serie "Die Story im Ersten" am 28.01.2013, 22:45 Uhr, ihre recherchierte Sichtweise für kirchliche Mitarbeiter im Bereich der Diakonie veröffentlicht. Viel Diskussion, viel Bestätigung als auch Kritik habe ich zu dem Thema und dem Bericht gehört.
Als zweitgrößter Arbeitgeber ist Kirche durchaus ein wirtschaftliches Unternehmen. In der Gesellschaft als auch bei kirchlichen Mitarbeiterin ist häufig die ethische Frage und die besondere Verantwortung von Kirche in der Öffentlichkeit hier in diesem Bericht zu besprechen gewesen.
Immer wieder - sei es die katholische oder die evangelische Kirche - stehen diese unter dem besonderen Blickwinkel der Öffentlichkeit. Das ist der Tatsache geschuldet, dass Kirche sich häufig am Sonntag über Ungerechtigkeiten in der Welt und in Deutschland mit besonderen Berufs- und Randgruppen beschäftigt. So ist die Frage: Gilt dieses auch für ihre eigenen Mitarbeiter? Ich glaube ja. Kirche hat aber ein grundsätzliches Problem damit, dass sie unter dem Deckmantel der christlichen Nächstenliebe sich als Wirtschaftsunternehmen nicht der Realität und den Gegebenheiten annehmen kann bzw. vielleicht auch nicht annehmen will. Man unterstellt, dass bei kirchlichen Mitarbeitern - und so war es auch in dem Beitrag zu sehen - es sich immer wieder um hoch motivierte, engagierte Menschen handelt, die sich um Benachteiligte und Randgruppen unserer Gesellschaft kümmern. Hier sind es Behinderte, alte Menschen, Kinder und Pflegebedürftige. Man könnte jetzt zynisch sagen: Sind kirchliche Mitarbeiter nicht auch eine Randgruppe, die eines besonderen Schutzes bedürfen und wo Kirche ihren Mantel als auch die ethische Verantwortung auf sich selbst übertragen muss bzw. sollte? Ich denke beizeiten ja.
Bei der evangelischen Wohlfahrtspflege geht es darum, dass in den ca. 27.000 Einrichtungen Kolleginnen und Kollegen engagiert arbeiten aber zum Teil ohne eigene Rechte den Geschäftsführern, den Dienststellenleitungen und zum Teil auch den theologischen Leitungen untergeordnet sind oder sich unterworfen haben.

Als Gewerkschaftler ist doch die Frage zu stellen, warum gelingt es einzelnen Dienstgebern oder auch der großen Diakonie als beschlussfassendes Gremium durch ihre Synodalen, die Arbeitnehmer so im Zaum zu halten. Geht es nicht auch genauso darum, dass sich Arbeitnehmer organisieren müssen, um verstärkt ihre Rechte einzufordern? Kann es nicht sein, dass, wenn der Organisationsgrad gewerkschaftlicher Kolleginnen und Kollegen steigen würde, sich auch der Druck auf die Einrichtungen erhöhen würde?
Haben wir dieses nicht im Bereich der diakonischen Einrichtung Krankenhaus Oldenburg gesehen? Ich denke ja. Die hier in dem Bericht dargestellte Presseanzeige der Ärzte wirft doch den Blick auf die Lobbyisten. Lobbyisten insoweit, als dass die Ärzte, vertreten durch den Marburger Bund, definitiv in der sog. Poleposition sind, damit sie für ihre Rechte und insbesondere für eine höhere Vergütung kämpfen. Es ist unumstritten, dass der Marburger Bund hier aber in vielen Einrichtungen – auch diakonischen Einrichtungen, die nicht im klassischen Sinne tarifgebunden sind – für viele Ärzte Sonderregelungen erzielt.
Die Frage, die sich für mich ergibt, ist doch, wieso engagieren sich so wenige Pflegerinnen und Pfleger in der Gewerkschaft, um dort auch ihre unstrittig wichtige Aufgabe durch Solidarität und durch gemeinsame Auftritte zu stärken? Aus vielen Diskussionen in einzelnen stationären als auch ambulanten Pflegen erleben wir doch sehr häufig, dass bei der Zahl der überwiegend teilzeitbeschäftigten Kolleginnen und Kollegen eher die Frage ist, kann ich mit dem Wenigen irgendwie leben oder ist es für mich nicht einfacher, noch einen 400/450-Euro-Job hinzuzuziehen? So kann ich dann überleben.
Die Wertschätzung, die Kirche im verfasst kirchlichen als auch diakonischen Bereich nach außen propagiert, trifft hier nicht die Mitarbeitenden.
Sehr häufig erleben wir, dass der ethische / moralische Druck i.S.d. Sanktionsrechtes durchaus bei kirchlichen Beschäftigten durchschlägt und somit der vermeintliche Leidensdruck, mit wenigen Ausnahme, offensichtlich noch nicht erreicht scheint.

Die gleiche Lobbyarbeit gilt für andere Berufsfelder wie den Bereich der Reinigung, der Kinderpflege, der Friedhofsbeschäftigten oder auch der Jugendpfleger in den Gemeinden. Häufig sind die Kolleginnen und Kollegen getrieben, von der besonderen Motivation der Nächstenliebe und des besonderen Engagements, das sie im Laufe der Jahre für sich - hier auch zum Teil zu Recht - beanspruchen.

Eine gewisse Lobbyarbeit ergibt sich ja auch aus der Tatsache, dass die kirchlichen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu Recht ihren Unmut über die Arbeitsrechtsetzung durch den Dritten Weg äußern aber sich nicht ausreichend genug bei den tariffähigen Gewerkschaften engagieren. Wir sehen im Bereich der neuen Landeskirche Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) als auch in der Landeskirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz, dass Tarifverträge in Kirche möglich sind.
Auch haben wir in der Berichterstattung von der erfolgreichen Verhandlung des Krankenhauses in Oldenburg erfahren. Hier muss doch nach meinem Dafürhalten jeder einzelne Arbeitnehmer über die Klagewelle hinaus in die Bereitschaft zum Umdenken und insbesondere zum Neuorganisieren und damit zur Wahrnehmung seiner Rechte kommen. Nach meinem Dafürhalten liegen wir, die kirchlichen Arbeitnehmer, doch eigenmächtig in der Verantwortung, unsere christliche Berufung ein Stück weit selbst in die Hand zu nehmen und festzustellen, ja es gibt Gewerkschaften in der Kirche, die sich engagieren, wo ehrenamtliche Kolleginnen und Kollegen streiten, die einzelnen Rechtsmöglichkeiten in den Landeskirchen einfordern und umsetzen und somit auch zu eigenverantwortlich gestalteten Tarifverträgen kommen.
Es kann nicht sein - und dieses ist nach meiner Auffassung im Jahre 2013 zeitgemäß - dass kirchliche Verantwortliche im Rahmen von Gesetzgebung über den vermeintlich schlechtesten Weg, den Dritten Weg, Arbeitsrecht setzen. Es ist auch nicht mehr zeitgemäß, dass nicht betroffene kirchliche Synodale alleine über die Mitbestimmungsrechte - hier das Mitarbeitervertretungsgesetz - per Kirchengesetz die Normen beschließen. Es ist nach meiner Einschätzung wichtig, wichtiger denn je, dass wir nicht nur sonntäglich oder wochentäglich beten, dass es besser wird, sondern wir es selbst mit in die Hand nehmen. Denn eines ist sicher, unser Lohn soll nicht nur dienen sein. Wir haben ein Anrecht auf tarifliche Mitgestaltung, die uns über gewerkschaftliche Arbeit i.S.d. Grundgesetzes dieses Recht ermöglicht.
Alle die kirchlichen Beschäftigten in der verfassten evangelischen als auch katholischen Kirche sowie ihrer Diakonie und Caritas sind aufgefordert, das Ruder selbst in die Hand zu nehmen.

Hubert Baalmann
Verbandssekretär


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