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INFO 3_2018

Arbeitsrecht der Nordkirche

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
es bleibt die Frage: Ist das Arbeitsrecht der Nordkirche das Unwort des Jahres 2018 – oder ist es die Perspektive für 2019?
Viele Gremien der Arbeitnehmerorganisationen, insbesondere auch der Kirchengewerkschaft, beschäftigten sich seit fast zwei Jahren mit diesem Thema. Genauso beschäftigen sich viele synodale Gremien im Bereich der Evangelisch­Lutherischen Kirche in Norddeutschland und ihre Kirchenkreise mit diesem Thema.

Entscheidungen eventuell verschoben

Wie Sie ja möglicherweise wissen, sollte im Jahre 2018 (Herbst) eine Entscheidung fallen. Diese Entscheidung wird jetzt möglicherweise in 2019 fallen. Hintergrund ist, dass sich die neu hinzugekommenen Kirchenkreise Mecklenburg und Pommern aufgrund des Errichtungsvertrages der Nordkirche mit der Überleitung der AVR­Regelungen in eine tarifrechtliche Regelung äußerst schwertun. Nunmehr hat sich die Problematik dahingehend verändert, dass auch die Fragen: Wie sieht ein Arbeitgeberverband aus, welche Rechtsstruktur hat er, welche Kompetenzen hat er, oder muss es wie im Bereich der Evangelischen Kirche Berlin­Brandenburg­Schlesische Oberlausitz ausschließlich über die Kirchenleitung erfolgen?
Der Landesverband Nord der Kirchengewerkschaft hat sich ausdrücklich und ausschließlich dazu entschieden, nur auf der Basis des Tarifvertragsgesetzes geregelte tarifrechtliche Arbeitsbedingungen zu schaffen. Die Nordkirchen­Kirchenkreise, insbesondere Mecklenburg und Pommern haben sich auch in ihren Synoden intensiv und sehr positiv wohlwollend mit der Frage beschäftigt.
Hakelig ist die Frage, inwieweit die Gewerkschaften ausschließlich die Arbeitsrechtsbedingungen aller Beschäftigten mit dem Arbeitgeberverband (zurzeit VKDA) verhandeln und tarifieren? Dienstgeberseitig, und nicht zuletzt in der Rechtsabteilung des Landeskirchenamtes, gibt es hier Bedenken. Die Bedenken sind offensichtlich der Tatsache geschuldet, dass in den letzten Jahrzehnten die Arbeitsrechtliche Kommission Mecklenburg und Pommern für sich betrachtet und von sich überzeugt gute Arbeit geleistet hat. Somit wird – wie auch in vielen anderen Landeskirchen – der Tarifvertrag sehr skeptisch und sehr kontrovers diskutiert.

Für eine tarifrechtliche Regelung

Interessant bei dieser Diskussion ist, dass alle Arbeitnehmerorganisationen, seien es die Vertreter der Arbeitsrechtlichen Kommission dienstnehmerseitig und die Tarifvertragsparteien, Unmengen an Mitarbeitervertretungen sowie einzelne Kolleginnen und Kollegen sich ausschließlich für eine tarifrechtliche Regelung aussprechen.

Hier könnte man relativ zeitnah mit den Gewerkschaften, insbesondere mit der Kirchengewerkschaft, eine Überleitung verhandeln. Dieses ist aber zurzeit noch nicht realisierbar.
Realisierbar war aber, dass seitens eines synodalen Arbeitskreises die Frage an die Dienstnehmervertreter, sowohl die Gewerkschaften als auch die Mitglieder der Arbeitsrechtlichen Kommissionsmitglieder, sich mit den Dienstgebervertretern in der Arbeitsrechtlichen Kommission und dem VKDA mehrfach zusammengesetzt haben und die einzelnen Tarifverträge KAT/KAVO und TVöD nebeneinandergestellt haben, um dann daraus den kleinsten gemeinsamen Nenner zu entwickeln.
Dieses eingesetzte Gremium hat aber keine Berechtigung, abschließend eine Regelung herbeizuführen. Dies ist der Rechtsstruktur geschuldet, dass eine Arbeitsrechtliche Kommission auf der Ebene des Arbeitsrechtsregelungsgrundsätzegesetzes bzw. aufgrund des Kirchengesetzes eingesetzt wird, um hier dann für eine tarifvertragliche Regelung zu offiziellen Verhandlungen einzutreten. All dies ist nicht geschafft, ggf. auch nicht gewollt, aber das Signal auch der Kirchengewerkschaft „Wir sind bereit, mit Euch über einen Tarifvertrag, neuen Tarifvertrag, zu verhandeln“ ist als starkes Signal gesetzt.

Eine neu gewählte Synode muss sich in die Thematik einarbeiten

Hinzu kommt nun die Problematik, dass mit September 2018 die aktuelle Synode durch eine neu gewählte Synode sich in die Thematik/Problematik einarbeiten muss. So geht der Landesvorstand der Kirchengewerkschaft davon aus, dass hier dann erneut wieder viel Aufklärungsarbeit zu leisten ist.
Die Aufklärungsarbeit wird von den Kolleginnen und Kollegen des Landesvorstandes und der Tarifkommission durch eine regelmäßige Präsenz auf der Synode umgesetzt. Hier haben schon viele interessante, gute, aufklärende Gespräche stattgefunden, und die Kolleginnen und Kollegen der Kirchengewerkschaft haben die Ängste und Bedenken der beschlussfassenden Synodalen hören können und auch diskutieren dürfen. Wenn wir versuchen, objektiv zu schauen, ist festzustellen, dass doch ein großer überwiegender Teil der ehrenamtlichen Synodalen die Tragweite und die Reichweite nicht erkennen können. Wir haben die Problematik, dass die auch ehrenamtlichen Synodalen häufig im Rahmen ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit natürlich auch Dienstgeber sind und damit nicht den Blick der Arbeitnehmerschaft realisieren können. Darüber hinaus sind viele, überwiegend alle Synodalen, nicht bei Kirche beschäftigt (es sei denn, sie sind Pastoren oder über die Mitarbeiterschaft dort gewählt), so dass die Arbeitsbedingungen und die Arbeitsverhältnisse bei Kirche nicht auf der vordersten Agenda stehen.

Verfasste Kirche – Diakonische Werke

Liebe Leserinnen und liebe Leser, dazu kommt – und dies ist Ihnen möglicherweise aufgefallen –, dass wir hier ausschließlich von Kirche sprechen. Mit Kirche meinen wir die verfasste Kirche, da die Thematik eines einheitlichen Arbeitsrechts in der Diakonie aus unserer Sicht gefühlt noch weiter weg ist. Hierzu kommt die Problematik, dass wir zurzeit drei große Diakonische Werke mit dem DW Hamburg, DW Schleswig­Holstein und DW Mecklenburg Pommern haben, die alle autark arbeiten.
Was wichtig ist, dass in allen drei Satzungen der Diakonischen Werke steht, dass ein Tarifvertrag zur Anwendung kommen muss. Hier ist dann in der Satzung offen gelassen, ob es möglicherweise auch eine AVR ist. Der eine oder andere Dienstgeber innerhalb der Diakonischen Werke hat sich aber für den berühmt­berüchtigten 1. Weg entschieden, also fernab von jeglicher Arbeitsrechtsregelung. Somit sind diese Baustelle und das Brett, das hier zu bohren ist, natürlich um einiges größer und härter, als die vermeintliche Regelung im verfasst kirchlichen Bereich. Zum Ende dieser Redaktionszeit (Ende Juli 2018) gab es noch keine weiteren konkreten Ergebnisse.

Weitere aktuelle Diskussionsstände

Wenn Sie, geschätzte Leserinnen und Leser, weitere aktuelle Diskussionsstände haben möchten, tragen Sie sich gern in unseren Newsletter über unsere Website www.kirchgewerkschaft.de ein, oder schauen Sie auf die Internetseite unter „Aktuelles“.
Für Anregungen, Diskussionen, Beiträge jeglicher Art sind wir offen, so dass wir diese dann auch in der nächsten Ausgabe der „Kirchengewerkschaft Info“ gern breiter öffentlich stellen wollen.

Hubert Baalmann,
Gewerkschaftssekretär

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