Job-Rad und Entgeltumwandlung
…ja, es gibt die Möglichkeit, wenn es eine Regelung im Tarifvertrag oder in einer Arbeitsrechtsregelung dazu gibt.
Also setzen wir uns dafür ein?
Zunächst sollten bei dieser Frage die Einzelheiten und Konsequenzen geprüft werden, um zu einer belastbaren Position zu gelangen.
Da das Niveau der gesetzlichen Renten-versicherung in den letzten 20 Jahren ständig gesunken ist, hat der Gesetzgeber neben der gesetzlichen Rentenversicherung und der betrieblichen Altersversorgung (bei Kirche, Diakonie und Caritas betriebliche Zusatzrente über die VBL, EZVK, KZVK) die „dritte Säule“ der Altersversorgung aufgebaut: Riester-Rente oder private Rentenversicherung über die Entgeltumwandlung. In gewissen Grenzen sind die Beiträge zur Privatrentenversicherung im Rahmen der Entgeltumwandlung steuer- und sozial-versicherungsfrei. Somit spart die/der Arbeitnehmer*in Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge für den monatlichen Beitrag und der Arbeitgeber seine Anteile in den Zweigen der Sozialver-sicherung. Der Arbeitgeber muss allerdings nach den Regelungen des Betriebsrentenstärkungs-gesetzes im Falle einer Einsparung diese der/m Arbeitnehmer*in bis zu 15 % weitergeben – den Beitrag um diesen Betrag erhöhen (für neue Verträge ab 1. Januar 2019, für bestehende Fälle erst ab 1. Januar 2022).
Die Einsparung bei den Zweigen der Sozialversicherung wirkt sich allerdings aus: - weniger Rentenanspruch in der gesetzlichen und betrieblichen Rente, - weniger Arbeitslosengeld. Dies „Weniger“ allerdings ist logischerweise weniger als der neue Anspruch auf die private Rente: Werden 100,00 € umgewandelt, so werden von 100,00 € weniger Gehalt Beiträge in die gesetzliche und betriebliche Rentenkasse bezahlt, in die private Rentenkasse allerdings fließen 100,00 € bzw. mit Arbeitgeberanteil 115,00 €.
Da kommt dann unter Berücksichtigung aller steuerlichen Regelungen für die zusätzliche Rente sogar bei einer 60-jährigen Kollegin, welche jetzt für die verbleibenden fünf Arbeitsjahre eine Rentenversicherung mit Entgeltumwandlung abschließt, immer noch eine Rendite von knapp 200 % heraus - allerdings nur unter der Bedingung, dass sie das Durchschnittsalter der „Sterbetafel“ von 85 Jahren einhält.
Zu beachten ist allerdings, dass sich das monatliche Auszahlungsentgelt um ca. 60 % (Steuer- und Sozialversicherungsbefreiung) des Beitrages in die Rentenentgeltumwandlung mindert (also bei 100,00 € Beitrag nur um 60,00 € weniger).
Bei all diesen Berechnungen ist auch der inflationsbedingte Kaufkraftverlust nicht berücksichtigt.
Und:
Volles Verständnis für diejenigen, welche sagen: „Ich brauche keine Entgeltumwandlungsrente, lieber esse ich jetzt etwas mehr, wer weiß, ob ich mit 65 noch Zähne habe!“
Job-Rad
P R O |
C O N T R A |
Mitarbeiter von Bosch, IBM, SAP, REWE oder der Bahn haben die Möglichkeit Räder zu leasen, um damit u. a. zur Arbeit zu fahren. Bundesweit gibt es mehr als 200.000 geleaste Diensträder, Tendenz steigend. In Deutschland gibt es ca. 20 Mio. Berufspendler, von denen ca. die Hälfte weniger als 10 km zum Arbeitsplatz fahren.
Gesund und günstig sind zwei Kennzeichen des Radelns. 2009 belegte eine niederländische Studie, dass Mitarbeiter, die mit dem Rad zur Arbeit fahren, im Schnitt einen Tag weniger krank sind als Nichtradler. Klingt erst einmal nicht viel, ist es aber. Würden nur 1 % aller Arbeitnehmer mit dem Rad fahren, (so die niederländische Studie), würden Arbeitgeber 27.000.000 € pro Jahr sparen. Hochgerechnet auf Deutschland wären das sogar über 100.000.000 €. Darüber hinaus ist Radfahren ein wertvoller Beitrag für die Umwelt. Unser Landesbischof Ralf Meister sagte auf der Landessynode 2018: „Klimaschutz muss zu unseren obersten Prioritäten gehören, wollen wir nicht das Vertrauen in unsere Glaubwürdigkeit verlieren“.
Somit gute Gründe für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Viele Arbeitnehmer können sich allerdings nicht ohne weiteres ein hochwertiges Rad (E-Bike bzw. Pedelec) für z.B. 2.500,00 oder 3.000,00 € leisten. Daher würden einige gerne die Möglichkeit in Anspruch nehmen, ein Rad mit Unterstützung des Arbeitgebers zu leasen.
Ende 2012 begann der Run auf die Dienstfahr-räder. Auslöser waren die obersten Finanz-behörden der Länder. Sie übertrugen das Modell des Dienstwagens auf das der Diensträder (gleichlautender Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder vom 23.11.2012 S 2334 BStBl 2012 / S.1224).
Durch die „1 %- Methode“, eine Pauschalisierung, muss keine Privatnutzung angezeigt oder ein Fahrtenbuch geführt werden. Der Arbeitnehmer muss lediglich 1 % auf den auf hundert Euro abgerundeten UVP (brutto) des Rades versteuern. Die Nutzung spielt keine Rolle. Es kann also auch 100 % privat genutzt werden.
Lohnt sich das System Job-Rad?
Um das für sich zu bewerten, gilt es einiges zu berücksichtigen und abzuwägen. Insbesondere die Mitarbeiter aus Unternehmen des öffentlichen Dienstes, also auch die MitarbeiterInnen bei der Kirche, können nicht die Mehrwertsteuer von 19 % einsparen, da die Arbeitgeberin nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist. Weiterhin werden durch die Reduzierung des Bruttogehaltes weniger Beiträge in die Sozial-versicherungen eingezahlt. Das wirkt sich auf die Rentenleistung aus und kann sich auch bei Arbeitslosigkeit und längerer Krankheit negativ auswirken.
Eine Win-Win-Situation entsteht dann, wenn der Arbeitgeber bereit ist, seinen Einsparungsanteil an den Arbeitnehmer weiterzugeben und darüber hinaus das Modell fördert. Dies könnte u. a. durch die Übernahme der erforderlichen Vollkasko-Versicherung geschehen und durch einen echten Zuschuss zur Förderung der umweltfreundlichen und gesunden Mobilität.
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Im Gegensatz zur Entgeltumwandlung zu Gunsten einer Privatrente wird beim Modell „Job-Rad“ die Entgeltumwandlung zum Erwerb eines Fahrrades genutzt. Das (meist hochwertige oder elektrische Fahrrad) wird vom Arbeitgeber geleast, die Leasingraten allerdings werden von den Arbeit-nehmenden im Rahmen der Entgeltumwandlung bezahlt – und der Arbeitgeber spart zusätzlich anteilige Sozialversicherungsbeiträge. Kurzfristig gesehen ist dieses Modell natürlich interessant. Für ca. 60 % der monatlichen Raten kann das Fahrrad abgezahlt werden. Der Nettolohn und der Rentenanspruch der gesetzlichen und betrieblichen Rente allerdings sinken.
Zusätzlich werden dadurch die Öffentliche Hand (Lohnsteuer) und die Zweige der Sozialver-sicherung geschwächt. Den Ausgleich bezahlen dann alle!
Sollte dem Arbeitgeber daran gelegen sein, die Vorteile der Dienstfahrräder zu nutzen (mehr Gesundheit, weniger Schadstoffausstoß, weniger Parkflächen etc.), so kann er diese über die Dienstwagenregelung sozialversicherungs-unschädlich verwirklichen.
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Im Bereich der Konföderierten Kirchen Hannover, Braunschweig, Oldenburg und Schaumburg-Lippe ist aktuell keine Möglichkeit für das „Job-Rad“ gegeben. In § 31 DVO ist die Entgeltumwandlung nur für die betriebliche Altersvorsorge möglich. Hier gilt es in der ADK Rahmenbedingungen festzulegen, die das „Job-Rad“ attraktiv machen. - 100 % Weitergabe der eingesparten Sozialversicherungsleistungen an den Arbeitnehmer. - Übernahme der Vollkasko-Versicherung während der Leasingzeit - Verfahren sind gebunden an eine Dienstvereinbarung zwischen Dienststelle und Mitarbeitervertretung - Sicherheitsausstattung mit einem Fahr-radhelm - …..
Arbeitnehmer sind darüber hinaus mündige Bürger, die in der Lage sind, eigene Entschei-dungen zu treffen und zu verantworten.
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In der Präambel der Satzung der Kirchengewerkschaft steht: „Präambel Die Kirchengewerkschaft dient dem Erhalt und der Verbesserung der wirtschaftlichen, sozialen und beruflichen Belange ihrer Mitglieder.“
Diesen Auftrag nachhaltig wahrnehmend kann sich die Kirchengewerkschaft für eine private Rentenversicherung im Rahmen einer Entgelt-umwandlung aussprechen.
Eine Empfehlung zur Entgeltumwandlung zum Erwerb eines „Job-Rades“ allerdings widerspricht aus der Sicht einiger Landesverbände der Kirchengewerkschaft den satzungsgemäßen Bestimmungen und Überzeugungen der Kirchengewerkschaft.
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